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Kampf gegen Armut Europarat beklagt »wachsende Ungleichheit« in Deutschland

Armut und soziale Ausgrenzung in Deutschland stehen in keinem Verhältnis zum Reichtum des Landes: Zu diesem Urteil kommt der Europarat. Die Forderungen an die Regierung sind deutlich.
Pfandsammler in Köln (Archivbild)

Pfandsammler in Köln (Archivbild)

Foto: Christoph Hardt / Future Image / IMAGO

Der Europarat hat von Deutschland mehr Anstrengungen im Kampf gegen Armut gefordert. In einem am Dienstag veröffentlichten Bericht des Europarats ist von »wachsender Ungleichheit« in der Bundesrepublik die Rede. Das hohe Maß an Armut und sozialer Ausgrenzung stehe hierzulande in keinem Verhältnis zum Reichtum.

Die Menschenrechtskommissarin des Europarats, Dunja Mijatović, begrüßte zwar die von der Bundesregierung ergriffenen Maßnahmen. Dabei ging es etwa um Versuche, das Sozialsystem zu reformieren, um es zugänglicher zu machen, die Sozialversicherungsleistungen zu erhöhen und mehr Ausbildungsmöglichkeiten für Arbeitslose anzubieten. Es seien jedoch weitere Anstrengungen nötig, um die »wachsende Ungleichheit« zu bekämpfen.

Mijatović forderte unter anderem, den Kreislauf der wachsenden Kinderarmut zu durchbrechen. Bestehende Hindernisse beim Zugang zu sozialen Rechten müssten beseitigt werden. Außerdem seien dringende Maßnahmen nötig, um dem akuten Mangel an bezahlbarem Wohnraum insbesondere in städtischen Zentren mit allen verfügbaren Mitteln zu begegnen. Dazu gehörten auch Eingriffe in den Wohnungsmarkt.

Um Obdachlosigkeit zu verhindern und zu beseitigen, seien umfassende und langfristige Maßnahmen nötig, etwa Änderungen beim Mietrecht. Besondere Aufmerksamkeit sei auch beim Anstieg der Fremdenfeindlichkeit nötig, die potenziell in der Lage sei, den sozialen Zusammenhalt zu untergraben und die demokratischen Institutionen zu destabilisieren.

Aus Berlin hieß es, die Bundesregierung teile »die Sorgen der Kommissarin hinsichtlich der steigenden Zahl wohnungsloser Menschen in Deutschland«. Von deutscher Seite wurde darauf verwiesen, dass erstmals beschlossen worden sei, einen Nationalen Aktionsplan zur Überwindung von Wohnungslosigkeit zu verabschieden.

Trendwende zu Sozialwohnungsbestand

Zwar sei der Bestand an Sozialwohnungen in Deutschland von rund drei Millionen Wohnungen im Jahr 1990 auf derzeit etwa eine Million Sozialmietwohnungen »abgeschmolzen«. Aktuell sei jedoch vorgesehen, dass der Bund den Ländern für den sozialen Wohnungsbau im Zeitraum 2022 bis 2027 insgesamt 18,15 Milliarden Euro Bundesmittel zur Verfügung stellt.

Diese Summe werde durch die Länder kofinanziert, »sodass erfahrungsgemäß insgesamt eine mehr als doppelt so hohe Summe für die Schaffung von sozialem und bezahlbarem Wohnraum zur Verfügung stehen wird«. Damit sei »die Trendwende hin zu einem sich perspektivisch wieder aufbauenden Sozialwohnungsbestand eingeleitet« worden.

Zur Bekämpfung von Fremdenfeindlichkeit hieß es aus Berlin, die Bundesregierung arbeite »derzeit an einer neuen Strategie« mit einem »umfassenden Ansatz«, der »repressive« und »präventive« Ansätze umfassen soll.

Dem Europarat gehören 46 Länder an. Die Länderorganisation mit Sitz in Straßburg setzt sich für Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit ein. Der nun veröffentlichte Bericht folgt auf einen Besuch von Mijatović Ende des vergangenen Jahres in Deutschland. Dabei traf sie Bundesminister und Vertreter auf kommunaler Ebene sowie aus der Zivilgesellschaft.

jok/AFP