Die Kiefer: immergrün, harzreich, entzündungshemmend
©Fritz Gamerith

Die Kiefer: immergrün, harzreich, entzündungshemmend

Österreichs bekannteste Nadelbäume sind Fichten, Tannen und Lärchen, wie wir sie in der Volksschule zu unterscheiden lernen. An vierter Stelle möchte ich heute aber gerne die Kiefer vor den Vorhang holen. Die Kiefer kommt ja verbreitet von der Wiener Stadtgrenze bis ins Wechselgebiet vor.

Handwerklich Interessierte wissen, wie beständig Theater-Bühnen aus Schwarzkiefernholz gebaut werden, weil die Bretter (die die Welt bedeuten) gerade aus der Kiefer nicht knarren und sich durch ihr Harz selbst verschließen können. Aber später mehr zur Nutzung der bei uns heimischen Schwarzkiefer. Beginnen möchte ich das Pflanzenporträt wie gewohnt mit dem botanischen Blick auf die Pflanze.

Botanische Einordnung, Eigenschaften und Besonderheiten der Kiefer

Kiefern zählen zur Pflanzengattung Pinus, die weltweit gesehen etwa 113 Arten unterscheidet, nördlich des Äquators angesiedelt ist und zu einer sehr robusten Pflanzenfamilie gehört. Denn die Kieferngewächse (Pinaceae) stellen keine großen Ansprüche an den Boden, wodurch sie als bescheidene Bewohner sowohl auf trocken-sandigen als auch auf feucht-moorigen Böden gedeihen.

Augenscheinliche Gemeinsamkeiten für die meisten Pinus-Baumarten sind ihre bis zu 10 cm langen, grünen Nadeln, die zu zweit gruppiert sind und sich am Zweig flaschenbürstenartig präsentieren. Die Pinaceae sind immergrün und verlieren im gesunden Zustand nur unmerklich ihre alten Nadeln (nach ca. drei Jahren), wobei die jüngeren Nadeln stehen bleiben. Alle Pinus-Arten sind einhäusig getrenntgeschlechtlich mit spiralig angeordneten Pollenzapfen in Schildform, die in der Nähe von jungen Trieben sitzen. Dazu gesellen sich die eiförmigen bis länglichen Samenzapfen, die am Ende der Triebe wachsen. Die Kieferngewächse gelten allgemein als sehr harzreich.

Die Kiefer will hoch hinaus

Die Schwarzkiefer (pinus nigra) ist für mich die ursprünglichste Kiefernart. Vielleicht kennen Sie sie auch unter der Bezeichnung Schwarzföhre, wobei es sich um dieselbe Baumart handelt. Das Besondere ist, dass sie sehr schnell wachsen kann (bis zu 60 Zentimeter im Jahr) und deshalb zur Aufforstung genutzt wird. In österreichischen Wäldern zeigt sie einen aufrechten, geradschaftigen Wuchs und wird als Baustoff für Masten, Pfähle oder als Sperrholz genutzt. Die Borke der Schwarzkiefer ist charakteristisch: Sie besteht aus braun-grauen Platten, die von dunklen Rissen durchbrochen werden. Die Schwarzkiefer kann bis zu 800 Jahre alt werden.

Wenn von der Waldkiefer (pinus sylvestris) gesprochen wird, ist damit die Rotföhre gemeint. Wir können sie an der typischen Rotfärbung der Borke im oberen Stamm sehr gut erkennen. Die Stämme von Rotföhren haben meist nur einen Meter im Durchmesser, erstrecken sich dabei aber bis zu 48 m in der Wipfelhöhe. Die Rotföhre erreicht ein beachtliches Alter von ca. 600 Jahren.  

Auch in den hohen Lagen Österreichs sind bekannte Kiefernarten zu finden. Sie können sich nämlich als lebenszähe Bäume selbst in hohen Gebirgslagen der Alpen behaupten: Latschen (Pinus mugo) kommen sogar auf 2.700 m Seehöhe vor, Zirben (Pinus cembra) bis auf ungefähr 2.500 m. Das ist schon beachtlich.

Nicht nur wir Menschen, sondern Rehböcke und Hirsche freuen sich ebenfalls über die harzreichen Bäume. Sie nutzen sie gerne zum Abreiben der Basthaut während des Geweihwachstums, in der Jägersprache „Verfegen“ genannt. Ob das mit dem Kiefernpech und seiner leicht entzündungshemmenden Wirkung zusammenhängt, wissen wir nicht. Aber wer die Natur mit großen Augen betrachtet, erkennt immer Zusammenhänge und möchte weiter forschen.

Harz: Die Pecherei zur Rohstoffgewinnung

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© Fritz Gamerith

Damit sind wir beim wichtigen Stichwort Pech angekommen. Als Pech wird das Baumharz bezeichnet, in unserem Fall das Kiefernharz. Im 18./19. Jahrhundert hat man den Rohstoff Pech in Raffinerien zu Terpentinöl und Kolophonium verarbeitet und daraus Produkte wie Farben und Lacke, Schmieröl, Seife, Linoleum oder Schuhcreme hergestellt.

Beim sogenannten Pechen werden die Stämme lebender Bäume oberflächlich verletzt, damit das Harz herausfließen kann. Wo das Pech geerntet wurde, bedeutete es naturgemäß Glück für die Pecher, die damit ihren Lebensunterhalt verdienten. Bis in die 1960er-Jahre reicht beispielsweise das niederösterreichische Pechereigewerbe zurück, das nach und nach an Bedeutung verlor, weil das Harz durch andere Rohstoffe wie Mineralöl ersetzt wurde.

Pechsalben und Kiefernnadelöl: entzündungshemmende Hausmittel

Wenn ich an die Kiefer-Bestandteile und deren Nutzung denke, sind einerseits das Harz als Pechsalbe und andererseits das Kiefernöl (aus Nadeln und frischen Zweigen) als Sirup und Tinktur gegen Entzündungen bekannt. So ist zwar die Qualität des Kiefernöls im Europäischen Arzneibuch (Ph. Eur.) festgeschrieben, es wurde jedoch (noch) nicht als traditionelles Arzneimittel eingestuft. Vielleicht kennen Sie das Öl in Form von Erkältungsbädern, die mit Kiefernnadelölen angereichert werden. Als Hausmittel werden sowohl die Salben als auch Öle bei rheumatischen Beschwerden und entzündlichen Atemwegserkrankungen empfohlen.

Die Pechsalbe aus Kiefernharz freut sich bereits über eine lange Tradition als Hausmittel zur Wundheilung. Ihr Einsatz ist durch jahrzehntelange Anwendung unbestritten, wobei erst kürzlich an der Universität Wien spannende Erkenntnisse publiziert wurden (Februar 2022): Ein Team rund um Prof. Mag. Dr. Sabine Glasl-Tazreiter konnte eine neue Methode entwickeln, um Harzsäuren aus unterschiedlichen Nadelbäumen zu vergleichen, und damit die Wirkmechanismen im Wundheilungsprozess unserer Haut beobachten (Reepithelisierung). Die Wirkung von Pechsalben wird grundsätzlich als antiseptisch, zusammenziehend, antibakteriell und fungizid beschrieben. Wie sich die Harzkomponenten jedoch genauer in den Heilungsprozess der Hautzellen einbringen, wird dankenswerter Weise an der Pharmakognosie Wien untersucht.

Wenn Sie jetzt Lust bekommen haben, das alte Pechereihandwerk kennenzulernen, so empfehle ich den Pecherlehrpfad in Hernstein, Bezirk Baden, und das zugehörige Pechermuseum.

Alexandra Horvath

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1 Jahr

Ein sehr interessanter und gelungener Beitrag. Den Lehrpfad in Hernstein werde ich auf jeden Fall besuchen. Danke für den Tipp!

Verena Kusstatscher

Organisationsentwicklung | Teamentwicklung | Persönlichkeitsentwicklung

1 Jahr

Danke, sehr interessant! - Hatte die Kiefer noch nie als Heilpflanze gesehen. Ich liebe ihren Duft und das einzartige Geräusch, wenn der Wind durch Kiefern bläst. Das klingt, finde ich, etwas anders als bei anderen Bäumen. Beruhigend. Vielleicht sogar heilsam… 😊

Gerlinde Leute

Apothekenreferentin bei Schwabe Austria

1 Jahr

Sehr lehrreicher Beitrag! Vielen Dank!

Astrid Janovsky

Apothekerin | Redakteurin | Infofluencerin - Let me apotain you!

1 Jahr

Und schon riecht‘s in meinem Büro nach Kiefern (limbisches System funktioniert😉) Danke 😊

Felix Weinzinger

Entschlüssle noch heute dein Schlafgame: Die 10 effektivsten Schlafhacks für Unternehmer/innen 👇 Vom Halbzeitschläfer zum Energiebündel in 48h

1 Jahr

Die Natur ist die perfekte Kraftquelle für mehr Energie. Kenne diesen Lehrpfad tatsächlich nicht. Muss ich mir demnächst einmal ansehen.

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